Ein Jahr Crypto-Hype in Malta – ein ehrlicher Zwischenbericht

von Philipp M. Sauerborn

Knapp 14 Monate sind nun vergangen, seitdem Malta erstmals sein innovatives rechtliches Rahmenwerk für Crypto- und Blockchain-Unternehmen veröffentlicht hat. Und was für eine spannende Reise wir in Malta seither erlebt haben…

Weltweit erstes Rahmenwerk für DLT-Technologie

Hier nochmal ein kurzer historischer Überblick, über die noch kurze und dennoch schon umfangreiche Geschichte der Blockchain Island Malta. Im Mai 2018 werden im maltesischen Parlament 3 Gesetzesinitiativen verabschiedet. Diese sehen folgendes vor:

  • Errichtung einer eigenen Aufsichtsbehörde – Malta Digital Innovation Authority (MDIA)
  • Einführung von 4 Lizenzklassen für Virtual Financial Assets
  • Richtlinien für die Lizenzierung von Innovativen „Technology Arrangements“ wie z.B. Smart Contracts

Um die internationale Medien- und Werbetrommel zu rühren, werden mit staatlicher Initiative gleich zwei große, ausverkaufte Kongresse in Malta organisiert: der Delta Summit und der Malta Blockchain Summit 2018. Genau mit dem Austragungsdatum des letzterem – am 1. November 2018 – treten die 4 Gesetze und somit das weltweit erste rechtliche Rahmenwerk für DLT-Technologie in Kraft. Bei allen Veranstaltungen wird mantrahaft die gezielte Positionierung wiederholt: Malta als Blockchain Island.

Internationaler Zustrom auf die Blockchain Island

Man kann sagen, was man will. Die Kampagne der Regierung zur Positionierung Maltas als Blockchain Island ist ein voller Erfolg. Kein Wunder, dass auch beim Malta Blockchain & AI Summit im Mai wieder mehr als 3000 Experten, Gründer und Investoren aus aller Welt eingeflogen sind. Die Blockchain-Welt hat die Augen weiterhin auf Malta gerichtet.

Die maltesische Regierung hat nicht nur aktiv bei der Organisation dieser Events mitgearbeitet und war durch Premier-Minister Joseph Muscat und Parlamentssekretär für digitale Innovation Silvio Schembri höchstpersönlich vertreten. Man hat auch als Institution aktive Maßnahmen gesetzt, um sein Commitment gegenüber der Blockchain-Technologie aufzuzeigen. Denn nunmehr werden alle in Malta ausgestellten Hochschulzertifikate über die Blockchain ausgegeben.

Kritische Stimmen & Missbrauch durch betrügerische Machenschaften

Natürlich gibt es auch kritische Stimmen. So ließ es sich der IWF etwa nicht nehmen, die maltesische Regierung auf die möglichen Gefahren von Kryptowährungen – wie bekannt Terrorfinanzierung, Geldwäsche, Steuerhinterziehung – zu erinnern. Wirklich neues war das natürlich nicht, aber die Regierung ist selbstverständlich um das Ausräumen der Gefahren bemüht.

Die VFAA-Lizenzen – ein Kernstück des Rahmenwerks – sind bekannt und heiß begehrt. So sehr, dass selbst betrügerische Anbieter ohne Lizenz für ihre Betrugsschemen damit werben (fälschlicherweise natürlich), eine VFAA-Lizenz zu besitzen. Die MFSA lässt da aber nichts anbrennen und hat bereits in mehreren Fällen per Ankündigung vor solchen Anbietern gewarnt. Klar – der Ruf der Blockchain Island muss geschützt werden.

Dr. Werner & Partner als offizieller VFA-Agent akkreditiert

Die für unser Team größte Neuigkeit war natürlich, dass wir seit einigen Wochen als zugelassener VFA-Agent agieren dürfen. Als einer der allerersten Akteure überhaupt haben wir für die DWP VFA Agent Ltd. von der MFSA am 13. Mai 2019 hierfür grünes Licht erhalten. Als Team Leader Crypto bin ich auf die Arbeit unseres Teams, allen voran des Compliance-Teams äußerst stolz.

Die umfangreichen Vorbereitungen der letzten Monate haben sich bezahlt gemacht. Nunmehr können wir den vollen Umfang unserer VFA-Services ohne Einschränkungen anbieten. Die Nachfrage ist immens, was uns natürlich freut und den eingeschlagenen Weg bestätigt. Wir sehen mit Spannung und Tatendrang vielen aufregenden Projekten entgegen, mit denen wir nun die nächsten Schritte zur VFAA-Lizenz beschreiten werden.

Globale Entwicklungen bei Kryptowährungen und Blockchain

Während sich die Kurse der meisten Kryptowährungen seit Anfang des Jahres wieder erholt haben – auch wenn hohe Kursschwankungen weiterhin an der Tagesordnung liegen – ist im Bereich der Blockchain kein Stein auf dem anderen geblieben. Immer mehr Unternehmen und Konzerne beginnen auf den Blockchain-Zug aufzuspringen.

IBM als Pionier in Sachen Blockchain

Vor allem IBM ist mit jeder Menge Anwendungsfällen gut im Rennen. Erst vor wenigen Tagen wurde bekannt, dass bei IBM im letzten Jahr die Anzahl der Patente im Bereich Blockchain um 300% gestiegen ist!

Was bedeutet Libra für die Adoption von Kryptowährungen?

Global war es zuletzt natürlich Facebooks Krypto-Projekt Libra, welches Mitte Juni in den USA präsentiert wurde. Mit Partner-Unternehmen wie Visa, Mastercard und Microsoftan Board verspricht es, die gesamte Szene aufzumischen. Die geplante Stablecoinkönnte erstmals eine weitflächig als Austauschmedium nutzbare Kryptowährung bringen.

Libra – bald eine stabile, globale Währung?

Im Wert gedeckt durch ein Portfolio von führenden Währungen und Staatsanleihen soll die hohe Volatilität herkömmlicher Kryptowährungen verhindert werden. Gleichzeitig wird Libra vermutlich nicht unmittelbar mit führenden Kryptowährungen wie Bitcoin, Ethereum und Ripple in Konkurrenz treten, die für andere Nutzungszwecke vorgesehen sind. Die Libra Foundation, welche ihren Sitz in der Schweiz hat, soll bald über 100 Unternehmen als Mitglieder haben, die Entwicklung und Ausbau des Partnernetzwerks von Libra forcieren sollen.

Widerstand gegen Libra regt sich bereits

Natürlich stehen Libras Vision noch viele Hürden im Weg. Zentralbanken und Finanzregulatoren verfolgen die Ankündigungen der Libra Foundation mit immenser Skepsis. Diverse Aufsichtsbehörden, der US-Kongress und das EU-Parlament haben bereits strenge Prüfungen und mögliche Auflagen anklingen lassen. Das Kryptowährungen durch Libra in immer mehr Wohnzimmern, Bars und Cafés zum Gesprächsthema geworden sind, kann auch der Blockchain Island Malta nur dienlich sein.

Ausblick – was kommt als nächstes für die Blockchain Island Malta?

An dieser Stelle ist ein kurzer Ausblick angebracht – so sehr es überhaupt möglich ist, diesen zu geben. Was wird sich auf der Blockchain Island als nächstes tun? In welche Richtung wird sich der Blockchain-Hub im Mittelmeer entwickeln? Eine Prognose in dieser hochdynamischen Branche ist mit Vorsicht zu genießen, aber klar ist: Die zwei wichtige sind Themen Security Token Offerings und Exchanges.

Nachdem die ICO-Welle bereits seit Anfang 2018 abgeflacht ist – auch wenn ein ICO in Malta unter Umständen die richtige Lösung sein kann – haben sich Security Token Offerings (STOs) als neue Alternative zur rechtskonformen Ausgabe von Wertpapieren (Securities) mittels Blockchain-Technologie angekündigt.

Meine persönliche Meinung hierzu?

Ich gehe davon aus, dass wir in Malta in den kommenden Monaten bereits die ersten größeren STOs erleben werden. Das gesetzliche Rahmenwerk und das Ökosystem vor Ort bieten hierfür sicherlich das geeignete Umfeld.

Zum zweiten großen Thema: Krypto-Exchanges– ein vielversprechender und wachsender Markt, für den die maltesische Regierung explizit die VFAA Class 4 Lizenz vorgesehen hat. Die Ansiedlung von Branchen-Primus Binance und weiteren führenden Exchanges in Malta sollte erst der Anfang sein – nun werden Länder wie die Schweiz, Liechtenstein, Singapur mit Malta um die entstehenden STO-Exchanges duellieren. Denn damit Security Token gehandelt werden können, benötigt es spezialisierte Exchanges – die bestehenden Crypto-Exchanges sind hierfür nicht geeignet. Bereits Ende 2018 kündigten der Malta Stock Exchange und OKEx ein Pilotprojekt zur Eröffnung eines solchen Exchanges an.

Artificial Intelligence als Next Big Step für Malta

Außerdem gibt es da noch das Thema Artificial Intelligence, das sich Maltas Regierung an die Fahnenstangen gehängt hat. Der AI & Blockchain Summit 2019 sollte genau Möglichkeiten zur Kombination dieser Themen aufzeigen, eine speziell eingerichtete AI-Taskforce ist gerade dabei, Gesetzesvorschläge für ein rechtliches AI-Rahmenwerk auszuarbeiten. Damit betritt man rechtliches Neuland – wieder einmal würde sich Malta als weltweiter Pionier beweisen und ein „The World’s First“ verabschieden.

Für mich inmitten all dieser dynamischen und auch rasch verändernden Branche ist es ein tägliches Abenteuer, dem ich mit Freude und Spannung begegne. Viel hat sich in den letzten Monaten auf Malta getan. Und ich bin mir sicher, die kommenden Monate werden das noch mehr sein.

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Über Philipp M. Sauerborn

Philipp Maria Sauerborn ist diplomierter Steuerberater und Experte für International Tax & Blockchain. Als CEO der Kanzlei Dr. Werner & Partners in Malta hat er bereits über 3000 Mandanten zu deren persönlicher Steuersituation beraten.

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Der oben genannte Artikel basiert lediglich auf unabhängigen Recherchen und kann keine Rechtsberatung darstellen. Wenn Sie weitere Informationen erhalten möchten, kontaktieren Sie uns bitte für einen Termin.

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