Wegzugsbesteuerung 2024 – Was sie ist und 5 Auswege

Es war ohnehin schon komplex. Und irgendwie gefühlt ungerecht. Aber wer gedacht hat, dass es das schon war liegt falsch. Willkommen Neuregelung 2022.

Dieser Artikel wird Ihnen einen Gesamtüberblick verschaffen, was es mit der deutschen Wegzugsbesteuerung auf sich hat. Egal ob Sie ein „Neueinsteiger“ sind oder schon mit der Materie zu tun hatten. 

Ich habe darin alles Wichtige zusammengefasst und einen Schritt weiter für Sie gedacht. 

Und: Ich habe das neuste Update nach dem Bundesfinanzhof-Urteil Anfang 2024 inkludiert.

Bereit?

Dann los.

Kapitel 1

Deutsche Wegzugsbesteuerung 2024 - Sind Sie zu spät?

Wahrscheinlich lesen Sie diesen Artikel wenn es zu bereits zu spät ist. Weil Sie bereits in die „Falle“ getappt sind. Jetzt könnte es teuer werden. Aber machen Sie sich keine zu großen Sorgen, denn 80% meiner Mandanten sind mit dem Lesen eines Artikels wie diesem zu spät dran

Dieser Artikel befasst sich mit der deutschen Wegzugsbesteuerung, vor allem deren neuste Version inkl. der neuesten BFH-Urteile aus dem Dezember 2022 und Januar 2024.

Sie werden alle Fakten sowie die Gesetzesgrundlage kennenlernen als auch 5 Strategien zur Vermeidung und Verringerung.

Außerdem behandele ich die Bewertung Ihrer Anteile und damit die Besteuerungsgrundlage ausführlich.

Im gleichen Atemzug mit dem Begriff der Wegzugssteuer

„Unfair“, „Abzocke“, „Gefangen in Deutschland“ und „Halsabschneider“ – sowas kann man schon mal lesen, wann auch immer man zum Thema „Wegzugsbesteuerung“ liest, besonders in den Kommentaren.

Ich kann das Sentiment gut verstehen.

Aber nicht dass der Nörgler, sondern das Besteuerungssentiment des Gesetzgebers. Denn die Wegzugsbesteuerung mag einen erstmal aufhorchen lassen.  Und zugegeben: Sie kann auch echt weh tun.

Aber dennoch:

Die Wegzugssteuer wurde nicht erst in 2024 etabliert.

Es gibt sie schon lange.

Wieder zugegeben: Sie wurde über die Jahre verschärft, vor allem in 2021. Und diese Verschärfung hat es in sich und es steht noch etliche Rechtsprechung aus, ob sie überhaupt so bleiben kann.

Betrachten wir die Fakten der deutschen Wegzugsbesteuerung:

FAQs

Nein. Die deutsche Wegzugsbesteuerung gibt es seit in der heutigen Form schon lange.

Ja. Es gilt eine drastische Verschärfung seit dem 01.01.2022. Allerdings gibt es ebenso neue Gerichtsurteile, die die Wegzugsbesteuerung betreffen: https://philippsauerborn.com/de/neue-regelungen-zur-wegzugsbesteuerung-in-deutschland/ 

Was den deutschen Gesetzgeber angeht, ja. Allerdings stehen etliche Urteile aus, für Klagen wegen fehlender EU-Konformität. Hier lesen Sie mehr: https://philippsauerborn.com/de/neue-regelungen-zur-wegzugsbesteuerung-in-deutschland/

Kapitel 2

Wegzug aus Deutschland: Fakten der deutschen Wegzugsbesteuerung

Hierunter finden Sie die wichtigsten Parameter des viel diskutierten und umstrittenen Gesetzes.

Was ist die Wegzugsbesteuerung?

Die Wegzugsbesteuerung ist eine steuerrechtliche Schutzmaßnahme, die vor allem einen rein steuerlichen motivierten endgültigen Wegzug aus Deutschland „erschweren“ soll.

Das heißt:

Erschweren heißt, es wird im Falle eines solchen Wegzuges unter Umständen teuer. Unter Umständen so teuer, dass man es sich zweimal überlegt wegzuziehen.

Oder unter Umständen gar nicht mehr ins Ausland zieht, weil man die Steuer nicht bezahlen kann.

Wer muss die Wegzugsbesteuerung bezahlen?

Zunächst gilt die Wegzugsbesteuerung nur für jemanden, der in Deutschland unter die unbeschränkte Steuerpflicht fällt. Also in Deutschland wohnt. Aber diese Voraussetzung ist weiter eingegrenzt bzw. definiert:

Wer in den letzten 12 Jahren für mind. 7 Jahre in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtig war.

Außerdem:

Die Wegzugsbesteuerung gilt für Personen, die mehr als 1% einer Kapitalgesellschaft besitzen. Das heißt, wer Einzelunternehmer oder Gewerbetreibender ist, oder auch mit einer KG sein Geld verdient, für den gilt die Regel nicht.

Was uns das auch sagt, ist, dass die Wegzugsbesteuerung nur von natürlichen Personen bezahlt werden kann.

Es ist also eine Art der der Einkommenssteuer.

Die 1%-Beteiligungsgrenze umfasst also quasi jeden, der “irgendwo” Gesellschafter ist.

Das Pendant der Wegzugsbesteuerung für Unternehmen nennt sich Exit Tax oder „Entstrickung“. Bei dieser Wegzugsbesteuerung von Unternehmen werden zukünftige Gewinnprognosen in Deutschland versteuert, wenn das betroffene Unternehmen seinen Sitz in ein Niedrigsteuerland verlagert.

Das trifft dann nicht zu, wenn keine “Funktionen verlagert”, sondern “verdoppelt” werden. Hier ein einfaches Beispiel:

Eine deutsche GMBH unterhält ein Call Centre in Deutschland. Wenn die GMBH dieses Call Centre nach Malta verlegt und in Deutschland das Call Center stillgelegt wird, dann ist der Tatbestand der “Funktionverlagerung” erfüllt. Die GMBH muss diese Verlagerung und damit zukünftige Gewinnprognose versteuern.

Bei einer legalen und nicht zu versteuernden Funktionsverdoppelung würde die GMBH ein weiteres Call Center auf Malta installieren und das in Deutschland bliebe gleichzeitig unberührt.

Eine weitere Voraussetzung der Wegzugsbesteuerung, die viele vergessen:

Ich möchte noch eine faktische Voraussetzung hinzufügen:

Gewinn.

Denn selbst wenn Sie die beiden vorherig genannten Voraussetzungen erfüllen, aber warum auch immer keinen Gewinn gemacht haben und auch erstmal keinen erwarten:

Sie fallen zwar unter die Wegzugsbesteuerung, aber diese fällt dann mit Null aus.

Ich schreibe „erstmal“ keinen Gewinn.

Denn auch eine Gewinnerwartung wird zu einer Besteuerung führen. Was besteuert wird, ist nämlich nicht der Gewinn, sondern der Wert der Anteile. Mehr dazu im folgenden Absatz.

Was wird bei der Wegzugsbesteuerung versteuert?

Die Wegzugsbesteuerung fällt auf den Wert der Gesellschaftsanteile an, die Sie zum Zeitpunkt des Wegzuges besitzen. Ich füge ein kleines bisschen weiter unten eine kleine Beispielberechnung an.

Grundsätzlich gilt für die Berechnung oder Ermittlung des Wertes ein Vergleichsprinzip. Dabei wird mit dem freien Marktpreis verglichen.

Es wird die folgende Frage gestellt:

„Zu welchem Wert würde man die Anteile an einen fremden Dritten verkaufen?“

Genau das greift der vorherig genannte Punkt auf:

Wenn Sie 7 Jahre lang eine GmbH aufgebaut haben und keinen Gewinn gemacht haben, dann sollte der Wert der GmbH erstmal null sein.

Wenn Sie aber bereits wissen, dass Sie ab Jahr 8 Gewinne machen werden, dann fließt das natürlich in die Wertermittlung mit ein.

Warum gibt es die Wegzugsbesteuerung?

Um das deutsche Steuersubstrat zu schützen. Man kann diese Logik durchaus nachvollziehen, zumindest ich kann es.

Man lebt für einen erheblichen Zeitraum in Deutschland, nämlich mindestens für 7 Jahre. Und man baut ein Unternehmen auf, das einen Gewinn erwirtschaftet. Dabei nutzt man die deutsche Infrastruktur und profitiert davon. Ob das bewusst oder unterbewusst geschieht, spielt keine Rolle.

Aber wie oben beschrieben gibt es einen Wert.

Einen Vermögenszuwachs.

Und dieses Vermögen hat man in Deutschland geschaffen, und nun nimmt man es Deutschland weg.

Und wird es außerhalb von Deutschland, aber vor allem außerhalb der deutschen Besteuerung, weiter vermehren. Und in einem anderen Land Steuern bezahlen. Oder erheblich weniger, so wie Malta. Oder um Umständen gar keine.

Übrigens mag die Besteuerung des Vermögenszuwachses bei Aufgabe des Wohnsitzes eine deutsche Erfindung sein. Aber mittlerweile gibt es solche oder ähnliche Steuern in den meisten Ländern. Gleiche oder ähnliche Regelungen kennen viele andere EU-Staaten.

FAQs

Nein. In vielen EU Ländern aber auch weltweit finden sich sehr ähnliche Gesetze.

Versteuert wird der Wert all Ihrer Beteiligungen weltweit über 1% zum Zeitpunkt des Wegzuges.

Ja. Diese nennt sich im Fachjargon “Exit Tax” und funktioniert ähnlich wie die persönliche Wegzugssteuer. Allerdings wird mit ihr nicht der Wert der Gesellschaft sondern deren zukünftige Gewinnprognosen versteuert.

Kapitel 3

In welchem Gesetz findet man die Wegzugs­besteuerung?

Im deutschen Außensteuergesetz.

Fangen wir mit dem Auszug aus dem Gesetz an. Dem dritten Teil. 

Behandlung einer Beteiligung im Sinne des § 17 des Einkommensteuergesetzes bei Wohnsitzwechsel ins Ausland

§ 6 Besteuerung des Vermögenszuwachses

(1) Vorbehaltlich der Vorschriften des Einkommensteuergesetzes, Körperschaftsteuergesetzes und Umwandlungssteuergesetzes stehen bei unbeschränkt Steuerpflichtigen der Veräußerung von Anteilen im Sinne des § 17 Absatz 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes zum gemeinen Wert gleich.

  1. die Beendigung der unbeschränkten Steuerpflicht infolge der Aufgabe des Wohnsitzes oder des gewöhnlichen Aufenthalts,
  2. die unentgeltliche Übertragung auf eine nicht unbeschränkt steuerpflichtige Person sowie,
  3. vorbehaltlich der Nummern 1 und 2, der Ausschluss oder die Beschränkung des Besteuerungsrechts der Bundesrepublik Deutschland hinsichtlich des Gewinns aus der Veräußerung der Anteile.

Die Veräußerung im Sinne des Satzes 1 erfolgt im Fall des

  1. Satzes 1 Nummer 1 im Zeitpunkt der Beendigung der unbeschränkten Steuerpflicht,
  2. Satzes 1 Nummer 2 im Zeitpunkt der Übertragung,
  3. Satzes 1 Nummer 3 unmittelbar vor dem Zeitpunkt, zu dem der Ausschluss oder die Beschränkung des Besteuerungsrechts eintritt.

Seit wann gibt es die Wegzugsbesteuerung?

Historisch betrachtet gibt es eine Besteuerung bei Wegzug bereits seit über hundert Jahren.

Wikipedia nennt das erste „Gesetz gegen die Steuerflucht“ aus dem Jahre 1918 auf **https://de.wikipedia.org/wiki/Wegzugsbesteuerung**.

Die aktuelle Form stammt aus dem Jahr 1972, und wir haben sie dem Ehepaar Horten zu verdanken.

Herr Horten war Eigentümer eines Kaufhauskonzerns mit dem gleichen Namen und zog mit seiner Frau Heidi in die Schweiz im Jahre 1968. Kaum in der Schweiz angekommen, wandelte er seine deutsche GmbH in eine AG um.

Und dann verkaufte Herr Horten die Anteile dieser AG peu à peu. Für stattliche 1,13 Milliarden Deutsche Mark.

Der Clou daran:

Nach Schweizer Recht war der Verkauf der Anteile in der Schweiz steuerfrei.

Herzlichen Glückwunsch, Familie Horten.

Und vielen Dank für das, was danach kam.

Der deutsche Gesetzgeber sah sich nämlich aufgrund dieses Falles dazu gezwungen, eine Neuordnung des deutschen Außensteuerrechts zu veranlassen.

Die Geburt des Paragraphen 6 ASTG.

Wegzugsteuer vor 2022

Vor 2022 gab es vor allem eines: Eine Würdigung der Grundfreiheiten der EU. Denn genau hier gibt es meiner Meinung nach eine Missachtung mit der Verschärfung aus dem Jahre 2021, in Kraft getreten 2022.

Die Wegzugssteuer wurde nämlich bei EU-Wegzug gestundet, und das frist- und zinsfrei.

Somit konnte man zwar auch nicht frei, aber zumindest nur mit leichter Hinderung die Freizügigkeit der EU nutzen.

Wegzugsbesteuerung nach 2022

Es wird zur Kasse gebeten. Denn die Stundung bei Wegzug innerhalb der EU gibt es in der neuesten Version der Wegzugsbesteuerung nicht mehr. Man kann eine Bezahlung über 7 Jahre beantragen, was aber erfahrungsgemäß nur schwierig erreicht werden kann. Außerdem wird für Ratenzahlung eine Sicherheitsleistung fällig, die im Ermessen des Finanzamtes liegt.

Wer nach Deutschland innerhalb von 7 Jahren zurückkehrt, für den entfällt die Wegzugssteuer bzw. diese wird rückwirkend aufgehoben.

Zusammengefasst:

Die 4 wichtigsten Änderungen der deutschen Wegzugsbesteuerung ab 2022

  1. Keine Stundung mehr des zu zahlenden Steuerbetrags bei Wegzug innerhalb der EU.
  2. Ratenzahlung der erhobenen Wegzugssteuer auf Antrag und gegen Sicherheitsleistung.
  3. Verkürzung des Ermessenszeitraumes von 10 Jahren auf 7 Jahre.
  4. Wegfall der Wegzugssteuer bei Rückkehrabsicht innerhalb von 7 Jahren.

FAQs

Man findet diese im deutschen Außensteuergesetz, Paragraph 6

Weil das Gesetz 1972 in seiner ersten Form auf Grund des Wegzuges eines Ehepaar Horten in die Schweiz herauskam.

Die gravierenste Änderung ist, dass man bei EU Wegzug kein Stundung der Steuer mehr erhält. Das heißt, es muss bezahlt werden.

Kapitel 4

Wie viel Steuern werden für die Wegzugssteuer erhoben?

In der Regel wird über das deutsche Teileinkünfteverfahren besteuert. Zunächst wird der Vermögenszuwachs ermittelt, der Wert der Anteile, die Sie halten.

Das wird zu Ihrem „Einkommen“.

Nach dem Teileinkünfteverfahren müssen 60 % dieses Einkommens mit Ihrem deutschen Steuersatz versteuert werden.

Am besten erkläre ich das an einem Beispiel: Vorabinformation: Wie sich der Wert ermittelt, dazu komme ich in einem separaten Kapitel weiter unten.

Nehmen wir für das Beispiel an, Sie besitzen 100% an einer deutschen GmbH, und diese hat einen Wert von 1.000.000,00 EUR.

Einkommen: 1.000.000 EUR. Zu versteuernder Betrag nach Teileinkünfteverfahren: 60% oder 600.000,00 EUR.

Steuersatz Deutschland: 45 %

Zu bezahlende Wegzugssteuer ist also 270.000 EUR.

FAQs

Nein. In der Regel versteuern Sie mit Einkommenssteuer nach dem Teileinkünfteverfahren.

Nach Teileinlünfteverfahren bezahlen Sie den Prozentsatz Ihrer Steuerklasse auf 60% des ermittelten Wertes.

Ja. Wenn Sie von einem Spitzensteuersatz von 45% ausgehen auf 60% einer hohen Bewertung, dann kann schnell etwas zusammenkommen.

Kapitel 5

Der Vermögenszuwachs oder der zu ermittelnde Wert

Die Kernfrage der Wegzugsbesteuerung ist die des Wertes. Denn darauf bezahlt man ja schließlich auch seine Steuern. Wohlgemerkt ist es nicht die GmbH, die diese Steuer bezahlt, sondern der Anteilseigner bzw. Gesellschafter.

Wie wird der Wert ermittelt?

Jetzt geht es um die Königsdisziplin: die Wertermittlung. Das gängigste Verfahren:

Das sogenannte „einfache Ertragswertverfahren“. Hierbei wird der durchschnittliche Jahresgewinn der letzten 3 Jahre mit 13,75 multipliziert.

Es gibt noch weitere Verfahren, (siehe unten). Allerdings sind diese bei weitem nicht so einfach und schnell akzeptiert, wie das einfache Ertragswertverfahren.

Das Verfahren kann eine hohe Summe ergeben, vor allem in folgendem Szenario:

Stellen Sie sich vor, Sie hatten ein gutes Jahr und dann zwei miese Jahre vor dem Wegzug.

Jahr 1: 1 Million EUR

Jahr 2: 50.000 EUR

Jahr 3: Ein Verlust von 500.000 EUR.

Der Durchschnittsgewinn beträgt 183.000 EUR. Multiplizieren Sie das mit 13,75:

2.520.833 EUR. Herzlichen Glückwunsch, Sie sind Millionär. Doppelter sogar.

Die zu bezahlende Wegzugssteuer in diesem Fall wäre entsprechend hoch, weit über 650k EUR.

650.000 EUR, diese bezahlen müssen, obwohl Sie gerade 550.000 EUR Verlust mit Ihrer GmbH gemacht haben.

Dass das vereinfachte Ertragswertverfahren oft an der Realität vorbeiläuft, wird von vielen bemängelt.

Aber:

Vielleicht haben Sie keine Wahl.

Vielleicht müssen Sie in diesem Szenario Deutschland pünktlich verlassen und können nicht ein weiteres Jahr warten, nur damit der Durchschnittswert sinkt.

Aber es geht auch anders. nur sehr viel schwieriger.

Sie führen eine andere Art der Bewertung durch.

Das Finanzamt bzw. das Gesetz zwingt Sie nämlich nicht dazu, das oben genannte vereinfachte Ertragswertverfahren anzuwenden.

Schauen wir uns das Außensteuerrecht nochmals genau an:

Dort wird vom „gemeinen Wert“ gesprochen.

Was ist der gemeine Wert zur Wertermittlung für die deutsche Wegzugssteuer?

Der „gemeine Wert“ ist im Bewertungsgesetz definiert.

Hier heißt es in Paragraph 9: **https://www.gesetze-im-internet.de/bewg/__9.html** Bewertungsgesetz (BewG) § 9 Bewertungsgrundsatz, gemeiner Wert (1) Bei Bewertungen ist, soweit nichts anderes vorgeschrieben ist, der gemeine Wert zugrunde zu legen. (2) Der gemeine Wert wird durch den Preis bestimmt, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach der Beschaffenheit des Wirtschaftsgutes bei einer Veräußerung zu erzielen wäre. Dabei sind alle Umstände, die den Preis beeinflussen, zu berücksichtigen. Ungewöhnliche oder persönliche Verhältnisse sind nicht zu berücksichtigen. (3) Als persönliche Verhältnisse sind auch Verfügungsbeschränkungen anzusehen, die in der Person des Steuerpflichtigen oder eines Rechtsvorgängers begründet sind. Das gilt insbesondere für Verfügungsbeschränkungen, die auf letztwilligen Anordnungen beruhen.

Schauen wir uns Absatz 2 genauer an, hieraus:

„Gewöhnlicher Geschäftsverkehr…bei einer Veräußerung…Umstände, die den Preis beeinflussen“

Was der Gesetzgeber verlangt, ist eine Bewertung zum echten Marktwert.

Das heißt:

beim oben genannten Beispiel wäre die Bewertung nach dem vereinfachten Verfahren schlichtweg Unsinn, weil dabei eben nicht „alle Umstände“ berücksichtigt werden.

Denn am freien Kapitalmarkt wird mit harten Bandagen gekämpft.

Und Sie können sicher sein, dass dort niemand einfach so und mal eben das 14-Fache Ihres Durchschnittsgewinns von drei Jahren auf den Tisch legt.

Am freien Kapitalmarkt werden viele Aspekte für die Bewertung berücksichtigt. Und dabei geht es nicht nur um buchhalterische Aspekte wie zum Beispiel Gewinn.

Ich Folgekapitel nenne ich Ihnen ein paar Beispiele.

FAQs

Das hängt vor allem vom Gewinn ab. Im “einfachen Ertragswertverfahren” wird der Durchschnittsgewinn der letzten 3 Jahre mit 13.75 multipliziert.

Jein. Dieses Verfahren wird grundsätzlich einfacher akzeptiert, aber der Wert Ihrer Gesellschaft und damit die Wegzugssteuer fällt damit u.U. relativ hoch aus. Das ist nicht immer gut.

Nein. Es muss der “gemeine” Wert gefunden werden, laut dem Bewertungsgesetz. Der gemeine Wert ist grundsätzlich der Betrag für den Sie Ihre GmbH an einen dritten Fremden verkaufen würden.

Kapitel 6

Bewertungen für die Wegzugsteuer: Muss es immer das einfache Verfahren sein?

3 Bewertungsaspekte für die Berechnung der Wegzugsbesteuerung, die bei einem “normalen” Verfahren einfach ignoriert werden.

Entwicklung Ihres Marktes in den nächsten 10 Jahren:

Vielleicht sind Sie erfolgreich in einem kurzlebigen Sektor, den es vielleicht in 10 Jahren gar nicht mehr gibt. Erinnern Sie sich noch an die Klingeltöne für Handys? Hier haben die Player für kurze Zeit ein Milliardengeschäft gemacht, nun ist das alles tot.

Performancebasierter, dynamischer Wert:

Oft wird der Verkaufspreis und damit der Wert eines Unternehmens an nachhaltige Performance geknüpft. Das heißt, wenn Ihr Unternehmen nach dem Verkauf nicht so performt, wie angenommen und prognostiziert wurde, dann wird der Verkaufspreis rückwirkend gesenkt.

Konkurrenzrisiko:

Sie haben erfolgreich ein Unternehmen aufgebaut. Wer oder was hindert Sie daran, dasselbe noch einmal zu tun? Vielleicht nicht im direkt gleichen Segment wie das verkaufte Unternehmen, aber vielleicht in einem nahestehenden. Nach dem Verkauf werden Sie für den Käufer zum Konkurrenzrisiko. Bei vielen Verkäufen wird der verkaufende Unternehmer daher weiter an das Unternehmen gebunden, meistens über Anstellung. Aber auch die Anstellung wird Geld kosten, und diese Kosten wirken sich natürlich mindernd auf den Wert aus.

Bei Umzug nach Malta: Alternative zur klassischen Bewertung zur Reduzierung der Wegzugsbesteuerung

Wie im vorherigen Abschnitt beschrieben, ist ein klassisches Bewertungsverfahren im Kontext der deutschen Wegzugsbesteuerung nicht immer vorteilhaft.

Ich rate dazu, mit einem Merger and Acquisition Berater, kurz „M&A Berater“, oder mit einem Gutachter ein Wertgutachten zu echten Marktkonditionen zu erstellen.

Das kann so weit gehen, dass Sie einen echten Verkaufsprozess durchlaufen, zumindest den ersten Teil. Nämlich den, in dem Sie echte Kaufangebote erhalten.

Ein solches Verfahren ist natürlich mit deutlich höheren Kosten verbunden als das einfachere Verfahren.

Aber wenn der Wert des Unternehmens damit vielleicht legitim um 75 % gesenkt werden kann, dann sollte diese Investition auf jeden Fall wert sein.

Bei einem solchen Bewertungsverfahren wird nicht nur ein echter, gemeiner Marktwert ermittelt. Es wird auch jede Menge Dokumentation erstellt.

Gehen Sie mal von 400 Seiten aus.

Wenn also das Finanzamt dieses Gutachten anfechten möchte, dann muss dieses erstmal gründlich studiert und Punkt für Punkt durchleuchtet werden.

Mittlerweile machen sich die Beamten die Mühe und gehen das auch durch, aber es kann dauern und es kann auch viele Rückfragen geben.

Vor allem dann, wenn der ermittelte Wert in diesem Gutachten glaubhaft ist und nicht zu aggressiv klein gerechnet wurde.

Ich kann Ihnen gerne seriöse Anbieter für die alternative Ermittlung des Unternehmenswertes empfehlen.

FAQs

Nicht unbedingt. Faktoren wie Marktentwicklung, Konkurrenzschutz und ein dynamischer (fiktiver) Verkaufswert werden nicht berücksichtigt.

Sie können zum Beispiel einen externen Gutachter mit einem echten Verkaufsgutachten für den freien Kapitalmarkt beauftragen.

Nicht einfach so bzw. nicht so einfach wie dem Standardverfahren der “einfachen Ertragsermittlung”. Allerdings lohnt sich der “Kampf” mit dem Finanzamt, wenn der Betrag der Wegzugsteuer entsprechend hoch ausfällt.

Kapital 7

5 Legale Strategien zur Senkung oder gänzlichen Vermeidung der Wegzugs­besteuerung

Es gibt nach wie vor Gestaltungsmöglichkeiten, und ich möchte Ihnen hier 5 dieser Strategien vorstellen.

Vermeidung und Reduzierung der Wegzugsbesteuerung Strategie 3: Ziehen Sie rechtzeitig weg.

Das hört sich erstmal relativ einfach an. Was meinen Sie, wie oft ich mit Mandanten im Gespräch gesessen bin und mir anhören musste, dass fehlende Entscheidungsfreude, Bequemlichkeit oder Angst der Grund für ein „plötzliches Problem“ beim Wegzug war. Das sind alles menschliche und verständliche Beweggründe. Aber bitte wundern Sie sich nicht oder beschweren Sie sich gar, wenn zögerliches Verhalten dann teuer werden kann. Die Gesetzeslage ist klar und sie wird nicht einfacher werden. Rechnen Sie damit, dass es schwieriger werden wird.

Vermeidung und Reduzierung der Wegzugsbesteuerung Strategie 4 : Kehren Sie nach Deutschland zurück

Auch das ist eigentlich logisch und wurde durch ein Urteil vom 21.12.2022 des BFH nochmals verbessert. (**https://www.bundesfinanzhof.de/de/entscheidung/entscheidungen-online/detail/STRE202310080/**) Hier heißt es: „Das zum Entfallen der sog. Wegzugsbesteuerung führende Merkmal der ’nur vorübergehenden Abwesenheit‘ in § 6 Abs. 3 Satz 1 AStG ist unabhängig von einer ‚Rückkehrabsicht‘ erfüllt, wenn der Steuerpflichtige innerhalb des gesetzlich bestimmten Zeitrahmens von fünf Jahren nach dem Wegzug wieder unbeschränkt steuerpflichtig wird.“ Hier hat der BFH zugunsten des Steuerzahlers entschieden. Und zwar dahingehend, dass man die Rückkehrabsicht innerhalb von 5 Jahren nicht zum Zeitpunkt des Wegzuges haben oder gar nachweisen muss. Es reicht die tatsächliche Rückkehr nach Deutschland innerhalb der Frist. Das macht es nicht besser für den Cashflow, aber immerhin ist das Geld dann nicht verloren.

Vermeidung und Reduzierung der Wegzugsbesteuerung Strategie 5: Nutzen Sie eine alternative Bewertungsmethode

Manchmal will man die Kuh vom Eis haben. Und die Wegzugsbesteuerung einfach erfolgreich abhaken, das heißt bezahlen. Das gilt vor allem dann, wenn man ins Drittland zieht, also außerhalb der EU. In diesem Artikel finden Sie weiter oben dazu ein umfangreiches Kapitel. In dieser Strategie geht es darum, dass Sie den Wert Ihres Unternehmens, den Vermögenszuwachs legal und legitim so gering wie möglich rechnen. Hierbei geht es nicht um mutwillige Unterbewertung. Es geht eher darum, dass die Bewertung über die klassischen oder einfachen Verfahren zu üppig ausfällt und ihrerseits oft nicht dem echten oder gemeinen Marktwert entspricht. Man kann von dieser Strategie keine Wunder erwarten. Besonders dann nicht, wenn das Unternehmen weniger Goodwill, sondern eher Sachanlagen besitzt. Mit zukünftigen Gewinnen eines Beratungsunternehmens hat man mehr Spielraum als mit einer GmbH, die ausschließlich Immobilien hält.

FAQs

Lassen Sie sich in jedem Falle von einem guten Steuerfachman zu den folgenden Strategien beraten:

Rechtzeitig wegziehen, keine Kaptialgesellschaft gründen, nach Deutschland innerhalb von 7 Jahre zurückkehren, eine alternative Bewertungsmethode.

Ja. Bezahlen müssen trotzdem aber Sie erhalten die Steuer dann zurück.https://unsplash.com/photos/x2lMeLwtmFM geurteilt, dass keine Rückkehrabsicht bestehen oder nachgewiesen werden muss zum Zeitpunkt des Wegzuges.

Nicht einfach so bzw. nicht so einfach wie dem Standardverfahren der “einfachen Ertragsermittlung”. Allerdings lohnt sich der “Kampf” mit dem Finanzamt, wenn der Betrag der Wegzugsteuer entsprechend hoch ausfällt.

Kapital 8

Urteil vom Bundesfinanzhof zur Wegzugssteuer

Wir haben es geschafft! Der Bundesfinanzhof hat entschieden, dass die neue Regelung der Wegzugssteuer nicht rechtens ist.

Was das nun heißt.

Jetzt ist das geschehen, womit ich seit Veröffentlichung der neuen Gesetze von 2021 gerechnet habe:

Die Regel wurde gekippt.

Aber von vorne:

Kaum ein Land profitiert so sehr von der EU, wie Deutschland. Ich weiß, hier gibt es auch andere Meinungen, aber das ist nun Mal meine Überzeugung.

Die Wegzugsregelung von 2022 hat aber Teile der Kernidee der EU ausgehebelt:

Freizügigkeit.

Wer hunderttausende Euro Steuern auf Erlöse zahlen soll, die es gar nicht wirklich gibt und dem keine Möglichkeit geboten wird, diese Zahlung auf den Tag des Geldflusses aufzuschieben, dem wird effektiv eine riesige Mauer in den Weg gestellt.

Nichts mit Freizügigkeit. Und damit nichts mit Anwendung von EU Recht.

Witzigerweise ginge es im Urteil vom Bundesfinanzhof nicht einmal um EU, sondern die Schweiz (hier das Urteil zum Nachlesen), aber es herrscht Konsens in meinem Kollegenkreis, dass das Urteil genauso für EU-Bewegungen gilt.

Konkret fordert das Urteil, dass die alte Regelung wieder eingeführt wird. 

Also: Wegzugssteuer ja, sofortige Fälligkeit ohne echte Möglichkeit der Stundung nein.

Für uns ist das ein echter Sieg, denn auch wir haben für diese Prinzip gekämpft. Und endlich gibt es Klarheit!

 

 

Kapital 8

Fazit:

Es war schon streng. Aber die deutsche Wegzugsbesteuerung wurde im Jahr 2022 nochmals drastisch verschärft. Endlich gibt es 2024 aber auch gute Neuigkeiten.

Wer in Deutschland seit mehr als 7 Jahren wohnt und Anteile an Kapitalgesellschaften hält, wird nicht darum herumkommen, sich damit zu beschäftigen, beim Wegzug ins Ausland.

Die markanteste Verschärfung ist die Streichung der Stundung der Bezahlung der Wegzugsteuer. Hier bleibt abzuwarten, was die Rechtsprechung daraus macht. Wir sind in jedem Fall bereits an der Sache dran.

Update: jetzt hat sie etwas gemacht – die Neuregelung drastisch abgeschwächt. Siehe vorheriges Kapitel.

Für den Moment heißt hieß es:

Bei Wegzug muss bezahlt werden. Positiv ist der rückwirkende und automatische Entfall der Wegzugsteuer, wenn man nach Deutschland zurückkehrt.

Wegzugsbesteuerung - Sind auch Sie betroffen?

Fragen Sie sich, wie Sie sich optimal auf die deutsche Wegzugsbesteuerung 2023 vorbereiten können und welche legalen Strategien es gibt, um bestens gerüstet zu sein? Ich hoffe, ich konnte diese Frage ein wenig beantworten. Und wenn nicht, dann biete ich gerne nochmals unser kostenfreies Erstgespräch an. Danach wissen Sie es definitiv.

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Disclaimer

Der oben genannte Artikel basiert lediglich auf unabhängigen Recherchen von Philipp M. Sauerborn und kann keine Rechtsberatung darstellen. Wenn Sie weitere Informationen erhalten möchten, kontaktieren Sie uns bitte für einen Termin.

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Über Philipp M. Sauerborn

Philipp Maria Sauerborn ist diplomierter Steuerberater und Experte für International Tax. Als CEO der Kanzlei DW&P Dr. Werner & Partners in Malta hat er bereits über 3000 Mandanten zu deren persönlicher Steuersituation beraten.

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